Predigt am 20. Oktober 2024

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I

Liebe Brüder und Schwestern in Christus,

hallo, na, wie geht’s? - Ja, gut, und selbst? - Ja, auch gut.

Dieses Gespräch führe ich oft. Auf der Straße, an der Kasse im Supermarkt, auch im Eingang der Kirche. Wie geht’s? fragen wir uns und antworten in der Regel mit „gut“. Manchmal antwortet man auch mit „naja“ oder „muss ja“. Und dann endet das Gespräch. Man hat den anderen wahrgenommen, hatte kurz Kontakt und setzt dann seinen Alltag wieder fort.

Wie geht’s? Das ist eine Frage, die halb ernst gemeint ist. Man stellt sie im Vorbeigehen. Es ist meistens klar, dass auf ein „wie geht’s“ kein ausführliches Gespräch entsteht. Niemand erwartet, dass ich jetzt ausführlich erzähle, wie es mir wirklich geht. Wie es ganz tief in mir drin aussieht. Niemand erwartet, dass ich von meinen schlaflosen Nächten erzähle, von meinen Sorgen, von meinen Erkrankungen oder von meiner Schuld und Scham. Ich darf einfach sagen „gut“ oder „naja“ oder „muss ja“ und behalte meine dunklen Wahrheiten für mich.

II

Aber eines Tages kam einer, der hat die Menschen gefragt, wie es ihnen geht, wirklich geht. Und das meistens ganz ohne Worte. Jesus hat die Menschen angeschaut, er hat sie wahrgenommen, er hat sie wirklich gesehen. Er hat in ihre Augen geschaut, in ihre Herzen geschaut und sich wirklich Zeit für sie genommen. Er wusste von ihren schlaflosen Nächten, von ihren Sorgen, von ihren Erkrankungen und von ihrer Schuld und Scham. Und genau deshalb hat er sich mit ihnen hingesetzt, hat mit ihnen ein Stückchen Brot oder eine Mahlzeit geteilt. Und hat die dunklen Wahrheiten von ihren beladenen Schultern weggenommen.

„Lege deine Sorgen nieder, leg sie ab in meiner Hand. Du brauchst mir nichts zu erklären, denn ich hab dich längst erkannt.“

III

Und so kam es, dass immer mehr Menschen bei ihm sein wollten. 12 Jünger folgten ihm auf Schritt und tritt, aber mit jeder Woche kamen neue Menschen dazu, die in Jesu Nähe sein wollten. Die von ihm angeschaut, wahrgenommen worden waren und die sich seitdem vollkommen verändert fühlten. Leichter, fröhlicher, glücklicher. Es wurden immer mehr und mehr Menschen und an jenem Tag versammelten sie sich alle auf einem Berg. Denn sie hatten gehört, dass Jesus dort eine Predigt halten würde. Ihr Jesus, für den ihr Herz brannte. Und Jesus erhob seine Stimme und begann mit den Seligpreisungen, bevor er ihnen die Worte des Alten Testaments neu auslegte. „Ihr alle wisst, was dort geschrieben steht, zum Beispiel in den 10 Geboten“, sagte er. „Aber das sind keine Regeln, die ihr einhalten sollt, nur um euch korrekt zu verhalten. Sondern das sind alles Regeln, die Gott euch schenkt, damit es euch gut geht. Damit ihr euch besser fühlt, leichter, fröhlicher, glücklicher. Denkt an das Gebot „Du sollst nicht töten.“ (Mt 5,21) Das Gebot ist gut und wichtig. Ich aber sage dir: Du sollst dich auch nicht streiten. Du sollst nicht zu anderen sagen „Du Nichtsnutz“ oder „Du Narr“ (Mt 5,22), denn jeder Streit macht deine Seele krank. Vertrage dich mit deinem Widersacher (Mt 5,25) und du wirst dich leichter fühlen. Oder denk an das Gebot „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden“ (Mt 5,33). Das Gebot ist gut und wichtig, ich aber sage dir: Du sollst überhaupt nichts Falsches reden, denn das macht deine Seele krank. Sag doch einfach ja, ja oder nein, nein (Mt 5,37). Dann wirst du dich leichter fühlen.“

Denn: Was hat ein Mensch davon, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber zuletzt verliert er sich selbst und fügt sich schweren Schaden zu? (Mt 16,26)

IV

Die Worte der Bergpredigt sind den Menschen tief ins Herz gegangen und sie haben sie ihr Leben lang bewahrt. Sie haben sie weitererzählt und manche haben sie sogar aufgeschrieben, so wie Matthäus. Wir lesen in seinem Evangelium, was Jesus als nächstes gesagt hat, dort oben auf dem Berg:

43 Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« und deinen Feind hassen. 44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, 45 auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. 46 Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner? 47 Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden? 48 Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist. 

„Lebe so, dass es dir gut geht“, sagt Jesus. „Und wenn du freundlich bist, geht es dir besser, als wenn du zornig bist. Wenn du jemanden anlachst, geht es dir besser, als wenn du ihn auslachst. Wenn du liebst, geht es dir besser, als wenn du hasst. Versuche doch einmal, so zu leben, so zu sein. Leichter, fröhlicher, glücklicher.“

V

Na, wie geht’s? Wenn mich das das nächste Mal jemand fragt, dann werde ich wieder sagen „gut“. Aber nicht, weil man das eben so sagt. Sondern weil es mir wirklich gut geht, denn ich habe Jesus an meiner Seite. Ich habe jemanden, der mich an jedem Tag neu anschaut, wahrnimmt. Mir mitten ins Herz blickt und meine dunklen Wahrheiten verwandelt, so dass es mir gut geht. Trotz allem.

Denn Jesus sieht uns. Hat uns erkannt. Hat uns bei meinem Namen genannt und ruft uns zu: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ (Mt 11,28)

Amen.